Route: | Oberalppass, Bahnstation – Alpsu – Plidutscha – Maighelshütte – Lolenpass – Spannmatt – Unteralp-Strässchen – Andermatt, Bahnhof | |
Dauer: | 5.25 Stunden. 564 Meter aufwärts, 1168 Meter abwärts. | |
Einkehr: | Am Anfang und am Ende. Und in der Maighelshütte, bewartet bis Mitte Oktober. | |
Hinkommen: | Von Andermatt mit dem Zug auf den Oberalppass. |
Kolumne von Thomas Widmer
Wir steigen auf dem Oberalppass aus dem Zug und sind schockiert. Diese vielen Leute, oh Gott! Nach den ersten fünf Minuten Erleichterung. Von der Passstrasse Richtung Sedrun biegt das Gros der Wanderer schnell nach rechts ab; diese Fraktion will auf den Pazolastock und zum Tomasee. Wir hingegen bleiben etwas länger auf dem Pfad parallel zur Passstrasse. Wir mögen das nicht besonders: zu viele Autos, zu viel Töfflärm. Dann ist es überstanden, wir schwenken nun auch nach rechts ins Gelände. Unser erstes Ziel ist die Maighelshütte. Mit Leichtigkeit meistern wir eine Schmalstelle am Hang, machen kontinuierlich Höhe, der Weg wird nirgendwo übermässig steil. Auffallend viele Biker sind auf der Route unterwegs, die teilweise auf einem Alpsträsschen verläuft.
Schliesslich der Urlaunsee direkt zu unseren Füssen. Dann ein kurzer Aufstieg, und schon ist die Maighelshütte an der Flanke des Piz Cavradi unser. Einst stand an dieser Stelle eine Soldatenbaracke, erbaut im Zweiten Weltkrieg.
Der Ausblick von der Hüttenterrasse ins Val Maighels ist fantastisch. Es wird von hohen Bergen gerahmt – eine moorige Fläche in allen Spielarten von Braun, Gelb und Grün. Wie in Irland. Oder wie in Island. Ebenfalls gefallen die Dinge in Reichweite: Auf dem Tisch haben wir mittlerweile Suppe, Hirschschüblig, Wähe.
Nach der Einkehr ziehen wir hinauf zum Lolenpass, der auch einen rätoromanischen Namen hat, Pass Tagliola. Beschwerlich ist auch dieses Stück nicht. Der Pass ist kein Spektakel, sondern erweist sich als brave, mit Gras gepolsterte Rinne. Das Abenteuer kommt erst nachher: Wir kommen an eine Kante, sehen abrupt hinab ins Tal der Unteralpreuss, fragen uns, wie das gehen soll: Gibt es da wirklich einen Pfad? Der Hang ist praktisch senkrecht, so kommt es uns vor. Ein Flügelanzug, das wärs.
Die Lösung für alle Nichtflieger kommt in Form eines schlau angelegten, stellenweise mit Treppenstufen befestigten Kehrenwegs. Er führt uns sicher durch die Fluhen, bereitet sogar Vergnügen. Angenehm auch, dass da kaum Geröll ist. Der trittsichere Durchschnittswanderer hat somit keine Probleme.
Unten sind wir begeistert über die Passage und auch ein wenig traurig, dass sie schon zu Ende ist. Der Rest der Wanderung ist ein langes Auslaufen auf einem Fahrweg, der gegen Andermatt zu asphaltiert ist. Wer das nicht mag, kann bei Rohr über die Unteralpreuss auf die andere Hangseite wechseln. Jener Naturpfad ist allerdings länger und strenger. Wir verzichten.
Kurz vor Wanderende gehen wir unter dem Nätschenhang, die Bahn direkt über uns, mit der wir am Morgen auf den Oberalppass fuhren. Bald darauf sind wir in Andermatt, zu dessen Namen mir früher nur Bernhard Russi einfiel. Als er 1972 in Sapporo Olympiagold in der Abfahrt gewann, war ich zehn; meine Klasse verfolgte das Rennen in der Primarschule Stein AR. In der Kochschule, weil es dort einen Fernseher gab.
Heute denke ich bei Andermatt eher an Samih Sawiris. Natürlich gehen wir kurz bei dessen Luxushotel The Chedi vorbei, schauen es uns von aussen an. Die Meinungen sind geteilt, das Haus sehe nicht wirklich luxuriös aus, bemängeln die einen; gut so, sagen die anderen. Mehr Eindruck macht uns der Flammkuchen, den wir auf der «Sternen»-Terrasse essen – feine Ware, unumstritten gut.
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